Auf Jakobswegen in Deutschland

Erlebtes-04 28.5. 2009 (Eckhard) L-Sommerfeld – Leipzig Zentrum 6 km. Nach dem Frühstück nimmt uns Pfarrer Ulbricht mit in seine Kirche, liest und erläutert das Losungswort des Tages („vergelte nicht Gleiches mit Gleichem“) und erteilt den Pilgersegen. Dann erzählt er über Lebenund Taten des berühmtesten Sommerfelders: des Bauern-Astronomen Arnold, der im 17. Jahrhundert lebte – ein sehr interessanter Mann.

Dann geht es bei starkem Gegenwind und gelegentlichem Regen auf der vielbefahrenen Ausfallstraße durch endlose Vorstädte in Richtung Zentrum. Inmitten einer Häuserzeile finden wir unsere heutige Pilgerherberge bei den Dominikanerinnen von Bethanien, einer kleinen Kongregation von sechs Ordensschwestern, die sich in diesem Problemviertel um die Armen, Alten und Ausgegrenzten kümmernund versuchen, zu helfen. Wir werden freundlich empfangen und beziehen ein schönes Wohn-/Schlafzimmer.

Um die Mittagszeit machen wir uns auf ins Zentrum. Die Stadt wimmelt bereits von den schrägen Typen der Wave Gothics in ihren schwarzen Klamotten. Über Pfingsten werden über 20.000 erwartet! Wir essen in der alten Nicolaischule gegenüber der gleichnamigen, berühmt gewordenen Kirche, bummeln noch etwas und kehren in unser Refugium zurück, um meine lädierten Knie zu schonen. Mit den Schwestern beten und singen wir die Laudes; der Tag klingt aus.

29.5. 2009 (Els) Leipzig – Kleinliebenau 20 km. Und um halb acht (gefrühstückt, Rucksäcke sind gepackt) sitzen wir zur Non mit fünf Schwestern in der Hauskapelle: wir singen und beten, dann geht die Tür des Esszimmers auf: der Frühstückstisch ist für uns alle gedeckt!

Erlebtes-01Nach einem herzlichen Abschied machen wir uns in das Zentrum zur Thomaskirche (Bach!) auf, wo Matthias Caffier, ein Aktiver des Kultur- und Pilgervereins, auf uns wartet. Pfarrer Wolff nimmt uns mit in die obere Sakristei und erteilt uns einen schönen, sehr persönlichen Pilgersegen. Der Abschnitt des Pilgerwegs nach Kleinliebenau ist wunderschön, führt viel durch Wald und an der Elster entlang. Matthias ist ein guter Führer, ein interessanter Mann, mit dem man offen über alles reden kann. (Hier müssen wir des besseren Verständnisses wegen einfügen, dass wir vor zwei Jahren im Rahmen eines Projekts des Internationalen Bauordens mitgeholfen haben, den Rohbau der Pilgerherberge Kleinliebenau als Anbau an die alte Rittergutskirche zu errichten.

Heute soll die Herberge eingeweiht werden!). Wir stärken uns in der Domholzschänke, und da kommen Siegfried, der Kapitän, mit seiner Frau Ernestine, um uns zu begrüßen. Große Wiedersehensfreude! Um Punkt 16 Uhr erreichen wir Kleinliebenau. Wie schön ist die Pilgerherberge geworden! Küche, Dusche, zwei Toiletten im Erdgeschoss, und im Obergeschoss das „Matratzenlager“ – alles, was ein Pilger braucht. Es ist ein besonderes Gefühl, hierher zurückzukommen, die lieben, vertrauten Menschen zu sehen und mit Genugtuung zu erkennen, was aus unserem Bauordeneinsatz 2007 geworden ist. Ist es Zufall, dass wir im letzten Jahr genau an diesem Tag – dem Freitag vor Pfingsten – unseren Pilgerweg von unserer Heimatstadt Seligenstadt nach Santiago de Compostela abgeschlossen haben? […]

Erhard steht schon am Bierausschank und Wurstbräter und strahlt. Wir umarmen viele alte Bekannte. Der weltliche Teil des Fests nimmt seinen Lauf, das Bier strömt. Viele Menschen sprechen uns an, darunter mehrere Jakobspilger. Auch der frühere Superintendent Friedrich Magirius, der großen Einfluss auf die Montagsdemos in Leipzig hatte, Pfarrer Ulbricht und Dagmar Schlegel, eine besonders Aktive des Ökumenischen Pilgerwegs, sind gekommen. Eine Musikgruppe spielt irische Folkloremusik. Es herrscht eine tolle, fröhliche Stimmung. Müde ziehen wir uns in der Nacht auf unsere Matratzen zurück – wir haben einen Zimmergenossen, den Spanier Ramòn, einen Schnarcher par excellence!